Nach Sydney

Byron Bay hat uns so gefallen, dass wir dort gleich nochmal uebernachten, als wir von Brisbane Richtung Sydney losfahren. Es ist ein kleines Staedtchen mit einem phaenomenalen Strand (ich wiederhole mich, ich weiss) und wie gemacht fuer die lockeren Surfer-Boys und -Girls. Dass man hier auch alt werden kann beweisen ein paar betagte Surfer-Sandler, die mit zerrissenen Shorts die Hauptstrasse entlang wandern und die letzten Dollar ihrer Invalidenrente fuer ein Subway-Sandwich ausgeben. Das tun auch wir und das haette ich lieber bleiben lassen sollen.

Ob’s die Mayonaise war oder der Thunfisch, das bleibt im Dunkeln. Jedenfalls bin ich wieder Dauergast auf der Toilette. Zum Fruehstueck futtere ich Kohletabletten und nach einer letzten Sitzung wagen wir die Abfahrt Richtung Sueden. Gottseidank gibt es links und rechts der Strasse gruenen Urwald, der ganz so aussieht, als koennte er etwas Duenger gebrauchen. Ich muss ihn aber enttaeuschen und so kommen wir problemlos nach Coffs Harbour, wo wir erst einmal den Fisch des Tages in einem Restaurant der Shopping Mall geniessen, bevor wir unsere Unterkunft aufsuchen.

Diese hat ein kleines Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und EIN KLO! Der Fisch des Tages verlaesst mich fluchtartig und nimmt dabei alles mit, was er sonst noch in den Gedaermen findet. Es regnet und ich weiss nicht, wie ich am naechsten Tag weiterfahren soll, denn sobald ich mich mehr als zehn Meter von der Toilette entferne zwingt mich mein Bauch zur Umkehr. Wieder einmal ist es Weemulee, die mich rettet. Ich bekomme warme Handtuecher auf den Bauch (die wurden in der Mikrowelle gewaermt und sind dabei teilweise verkohlt) und eine wohltuende Rueckenmassage. Mir wird literweise Kamillentee eingefloesst und zum Abendessen gibt es trockene Kekse.

Am naechsten Morgen wird die Anzahl der Kohletabletten verdoppelt (hab inzwischen schon ein halbes Bergwerk geschluckt) und siehe da: alles paletti, wir koennen los. Schnell noch ein paar Dollar und einen „Sorry!“ Zettel fuer das verkohlte Handtuch da lassen und Abmarsch. Heute geht’s nur etwa hundertfuenfzig Kilometer weit bis Port MacQuarie und dort uebernachten wir im Ibis Hotel. Kurz bevor wir ankommen schreckt mich die BMW nochmal mit einer Warnmeldung am Display „Reifendruck zu niedrig! Kontrollieren!“ (natuerlich auf australisch, also etwa; „Tire pressure too low, mate! Check it, you bastard!“). Ich gehorche natuerlich und bei der naechsten Tankstelle, die gluecklicherweise nicht weit entfernt ist, bekommt die BMW Luft.

Port Macquarie

Das Ibis Hotel entpuppt sich als nettes Haus in fantastischer Lage auf einem Huegel, man sieht von unserem Zimmer auf einen phaenomenalen Strand (schon wieder!) und mein Bauch ist gesund und zufrieden. Deswegen bleiben wir da zwei Tage um wieder einmal zu relaxen. Jetzt gehen wir gleich essen zum Thailaender um zu testen, ob mein Darm bereit ist, seine Arbeit wieder aufzunehmen oder ob er noch streikt. Das wuerde ich ihm nicht raten, denn sonst bekommt er morgen frueh eine Ladung Kohle zu schmecken.

Ein weiterer frecher Australier

Brisbane

In Brisbane ist Pause angesagt. Wir uebernachten bei koreanischen Bekannten und endlich ist mal Zeit, die Klamotten und das ganze uebrige Zeug vollstaendig auszupacken und auszuruhen. Das Wetter laedt auch nicht dazu ein, am Strand baden zu gehen (es hat etwas ueber zwanzig Grad und manchmal regnet’s) und so tun wir, was besonders die Koreaner immer tun: wir gehen Golf spielen.

Das haut bei mir nicht so richtig hin, daher machen wir am zweiten Tag einen Ausflug – dreimal duerft ihr raten – an die Kueste. Davon gibt’s in Australien ja nun wirklich genug, aber nur einen oestlichsten Punkt des Landes: den Leuchtturm in Byron Bay.

Byron Bay

Auf diesem Bild kann man ihn erahnen, er ist im Hintergrund auf der Spitze des kleinen Huegels. Man kann bis hinauf fahren und dann auf einem kleinen Pfad, von dem man wunderbare Aussichten auf das Meer hat, weitergehen. Auf diesem kilometerlangen Strand zaehle ich etwa fuenfzehn Personen, im Wasser surfen etwa ebenso viele. Habe ich schon gesagt dass es in Australien phaenomenale Straende gibt?

Bei der Rueckfahrt machen wir dann noch einen Abstecher nach Gold Coast, etwa achtzig Kilometer unterhalb von Brisbane. Zum Unterschied von allen anderen Straenden, die wir bisher gesehen haben, tuermen sich hier dreissig Stock hohe Hotels und Apartment-Blocks direkt am Strand in die Hoehe. Der Strand selber ist wiederum eine Wucht, aber man fuehlt sich wie in Miami oder in Palm Beach (das es uebrigens auch hier gibt). Eine Unterkunft hier ist schweineteuer, dafuer hat man jede Menge Geschaefte, Lokale und Restaurants, wo man den Rest seines Ersparten ausgeben kann, bevor die Kreditkarte explodiert.

Am naechsten Tag haken wir dann den naechsten Teil eines Australien-Pflichtprogramms ab und knutschen einen Koala.

Das heisst, das Knutschen muss der unerschrockene Schokomaul Dundee uebernehmen, Weemulee kneift und fotografiert nur. Die Schlangen will sie auch nicht umhalsen, die Krokodile sind leider eingesperrt und Spinnen gibt’s keine. Mit denen haette sie problemlos gespielt, wie in ihrer Jugend in Korea.

Zum drueberstreuen finden wir dann auch noch eine Gruppe unglaublich zahmer Kaengurus und einen frechen Emu.

Nach drei Tagen Erholung nehmen wir nun die letzten knapp tausend Kilometer unserer Australien-Reise unter die Raeder. Die BMW hat schon ungeduldig mit den Seitenspiegeln gewackelt und schnurrt jetzt zufrieden die M1 Richtung Sydney hinunter. Schoen langsam wird es wieder frischer, den Regenwolken weichen wir geschickt aus, aber es hat nur mehr zwanzig Grad. Noch knapp eine Woche und wir muessen uns von unserer tollen zweiraedrigen Reisegefaehrtin verabschieden. Verabschieden werde ich mich wohl auch von meinen Motorradstiefeln muessen, die geben schoen langsam den Geist auf. Mehr als zehn Jahre lang haben sie mir gut gedient und mich auf vielen Routen begleitet, jetzt werdern sie ihre letzte Ruhestaette auf dem fuenften Kontinent finden. Bis Sydney muessen sie aber noch durchhalten.

Sunshine Coast

Die letzten zwei Tage war ich etwas unpaesslich. Bei einer Rast hat sich Schokomaul Dundee eine Vanilleschnitte, ein Vanilletoertchen und einen Schokokrapfen ins Schokomaul gestopft. Darauf noch einen Kaffee und der Schokokrapfen rauschte durchs Gedaerm und hinten wieder raus. Alles andere auch. Es brauchte mehrere Sitzungen auf verschiedenen Thronen, bevor eine gewisse Normalitaet wieder einkehrte. Weemulee ist eine weise Eule, denn sie hat in ihrer umfangreichen Medizintasche auch Kohletabletten. Die taten ihre Wirkung und so musste ich keine Zwangspausen einlegen, um in den endlosen Reis/Schilf/Zuckerrohrfeldern den Boden zu duengen.

Genug des profanen Tuns. Ich hatte erwartet, der Pacific Way, also die A1, wuerde zumindest zeitweise am Meer entlang fuehren. Leider gefehlt. Er aehnelt einer oesterreichischen Landstrasse, die im Hinterland durch endloses Farmland verlaeuft und glaenzt durch viele Baustellen. Zumindest ist er nicht nur schnurgerade, die Landschaft ist gruen und fruchtbar und es gibt auch Berglein und Huegeln, die fuer Abwechslung sorgen. Wir sind jetzt etwa tausend Kilometer weiter suedlich und das Klima hat sich auch veraendert. Keine tropischen fuenfunddreissig Grad mehr zu Mittag, sondern kuehle dreiundzwanzig und meist bewoelkter Himmel.

Sunshine Coast

Nach einer unspektakulaeren Uebernachtung im Riverside Hotel in Bundaberg sind wir heute an der Sunshine Coast, in der Naehe des beruehmten Noosa Heads. Ein Suferparadies, auch wenn derzeit nur wenige Surfer im Wasser sind, der Stand ist wieder einmal phaenomenal. Und phaenomenal ist auch unsere Unterkunft: ein Appartment in Glen Eden, direkt am Strand mit zwei Schlafzimmern im ersten Stock, Wohnkueche und Aufenthaltsraum im Erdgeschoss, Terrasse und geheiztes Pool vor der Tuer. Leider bleiben wir nur zwei Naechte, weil wir werden am Donnerstag von koreanischen Bekannten in Brisbane erwartet. Fuer Freitag ist auch der dortige Golfclub reserviert und Weemulee hungert schon nach koreanischem Essen.

Glen Eden

Don’t panic, here comes the mechanic

Heute frueh war erst einmal Motorradservice angesagt. Wir sind ja jetzt immerhin schon ueber achttausend Kilometer gefahren und die BMW muckt nicht. Trotzdem hoeren meine geschulten Ohren hie und da ein leises Rasseln vom Motor, wenn’s bergauf geht. Der schlaue Norbert weiss: die BMW verlangt nach Oel. Ein Wunder, dass es noch nicht lauter scheppert. Damit nicht dasselbe passiert, wie auf unserer langen Motorradreise von Wien nach Korea ueber die Seidenstrasse, den Pamir Highway und die Mongolei, lese ich diesmal die Bedienungsanleitung genau durch. Damals habe ich naemlich zuviel Oel eingefuellt, was mein Motorrad mit totaler Blockade des Kolbens quittiert hat. Ein turkmenischer Mechaniker ist erst nach langer Suche nach der Ursache draufgekommen und hat uns die Weiterfahrt ermoeglicht.

Das clevere Handbuch sagt, ja nicht zuviel Oel einfuellen, 200 Milliliter genuegen. Kommt mir wenig vor, aber gut. Zuvor aber muss die Oeleinfuellschraube geoeffnet werden. Dafuer braucht man einen Spezialschluessel, den ich nicht finde. Das Handbuch sagt, der Spezialschluessel ist beim Bordwerkzeug unter dem Soziussitz. Aha, aber wie geht der auf? Den vorderen Teil des Sitzes kann ich abnehmen, wenn ich den Schluessel nach links drehe. nach rechts kann man ihn auch drehen, da sollte sich die Verriegelung fuer den hinteren Teil loesen, aber da loest sich nix. Also ein Blick ins Internet zu den BMW-Foren. Und tatsaechlich, da gibt es jede Menge andere BMW-Fahrer, die den hinteren Sitz auch nicht aufkriegen. Einer hat aber die Loesung: einfach die Beifahrerin auf den Sitz setzen damit Gewicht drauf ist, dann den Schluessel drehen und die Beifahrerin wieder abnehmen. Funktioniert prima mit Weemulee. Ich fuelle also die empfohlenen zweihundert Milliliter Oel ein und die BMW schnurrt zufrieden. So einfach war das.

Wir fahren also los und auf den etwa dreihundert Kilometern nach Rockhampton sehen wir allerlei seltsame Verkehrstafeln neben der Strasse.

Schliesslich erreichen wir unser heutiges Ziel, das Korte’s Resort kurz vor Rockhampton. Tolle Anlage, tolles Zimmer, tolles Restaurant und heute Abend gibt es das Grand Finale der australischen Rugby Meisterschaft im TV. Inzwischen haben wir ja schon einige Spiele im Fernsehen gesehen und ich muss sagen: alle Achtung! Rauhes Spiel aber total fair. Da gibt es keine gefakten Schmerzen wie bei unserem Fussball, wer niedergerissen wird, steht wieder auf und beklagt sich nicht, seine Schmerzen sind echt.

Zum Anschluss des Tages bekommen wir Besuch von den Kaengurus. Diesmal sind es ziemlich grosse Tiere, die auf der Wiese hinter unserem Zimmer ganz ungeniert grasen. Sie lassen uns ziemlich nah heran, bevor sie dann gemaechlich etwas weghopsen und dort weiter fressen. Jetzt fehlen noch die Koalas und die Krokodile. Noch haben wir zwei Wochen Zeit dafuer.

An der Pazifikkueste

G’day mates, rams and ewes, wie man hier sagt. Wir fahren auf dem Bruce Highway, benannt nach… Bruce Willis? Bruce Wayne? Bruce Lee? Egal, es ist die A1, die an der Pazifikkueste entlang fuehrt. Das Meer kann man zwar jetzt nicht sehen, dafuer aber grosse Felder mit gruenen Stauden. Weemulee sagt, das ist Reis (was sonst?). Schokomaul Dundee haelt es fuer Schilf (das kennt er vom Neusiedlersee). Wahrscheinlich ist es Zuckerrohr. Wir werden es nie erfahren.

Unsere naechste Station heisst Sarina Beach, dort erwartet uns das Sandpiper Motel. Vor der Kueste liegen ein paar Inseln und dahinter ertreckt sich das Great Barrier Reef das sich aber schon die ganze Zeit entlang der australischen Ostkueste ausbreitet. Die Straende sind hier einfach phaenomenal. Lang, breit und flach, mit traumhaftem weichen Sand. Uebrigens haben wir heute die ersten australischen Rettungsschwimmer gesehen. Pamela Anderson war nicht dabei, aber die Burschen waren sehenswert gebraeunt und durchtrainiert. Im Gegensatz dazu leuchtet mein weisser Koerper wie ein Leuchtturm wenn ich ueber den breiten Strand zum Wasser spaziere um Weemulee zu retten.

Sarina Beach

Weemulee treibt mich ja immer ins Meer, sobald sie eine Kueste auch nur von Ferne sieht. Selber geht sie dann hoechstens bis zu den Knien rein, weil sie fuerchtet, Poseidon selbst kommt und entfuehrt sie in sein feuchtes gruenes Reich. So geniessen wir also das warme Pazifikwasser, Weemulee auf dem Bauch liegend und mit den Fuessen strampelnd, ich auf den Fersen hockend, damit mir das Wasser wenigstens bis zur Brust geht. Jeder Versuch meinerseits, meine liebe Gattin auch nur einen Meter weiter ins Meer zu bringen, damit ich dann wenigstens knien kann, wird kreischend verhindert, als ob ich sie ertraenken wollte. Sie entwickelt dann auch ploetzlich Baerenkraefte gegen die ich fast nicht ankomme. Also ergebe ich mich in mein Schicksal und duemple ebenfalls auf dem Bauch liegend herum, bis wir dann aufstehen und zurueck auf den Sandstrand gehen.

Tiefes Wasser

Wir machen noch einen Abstecher zum Pool, wo ich mich dann etwas revanchieren kann. Der hat naemlich keinen flachen Sandstrand sondern nur zwei kleine Stufen – dann steht man mindestens einen Meter zwanzig tief drin. Herrlich, wenn man sich nicht hinlegen muss um bis zum Hals im Wasser zu sein. Mein trautes Weib entwickelt sich hier zum Wasserfrosch und beginnt sogar, zu tauchen. Und nein, ich hab sie nicht runtergedrueckt.

Den Abend beschliessen wir mit einem kleinen Fussmarsch zu einem (dem einzigen) Restaurant der Gegend. Hat sich aber ausgezahlt. Toller „Fisch des Tages“ und phaenomenales „Chicken Special“. So sind wir gut geruestet fuer die morgige Etappe nach Rockhampton.

Angriff der Killerameisen

Balgal Beach

Zwei Naechte waren wir in Balgal Beach. Fazit: vier Kaengurus, eine Schlange (schlaengelte sich quer ueber den Weg zum Strand, etwa einen Meter lang), ein knallgruener grosser Frosch auf dem Tisch vor unserem Bungalow und einige Wildhuehner, die mit ihren Beinen kratzend den Laubboden umpfluegten. Gestern Nacht gab es gellenden Feueralarm von unserem Rauchmelder an der Zimmerdecke. Keine Ahnung, was ihn aufgeweckt hat, Rauch kanns jedenfalls nicht gewesen sein. Nach einigen ratlosen Minuten haben wir endlich den Knopf gefunden, der ihn zum Schweigen bringt. Danach erholsamer Schlaf im Tropenparadies bis zum Morgen. Weemulee knuepft meinen Zopf, damit meine langen Haare ihr nicht ins Gesicht flattern, wir packen auf und machen uns auf den Weg Richtung Sueden.

Nach ein paar Kilometern kommt eine Baustelle mit einer roten Ampel. Wir bleiben stehen und Weemulee hinter mir beginnt hekltisch auf meinen Kopf zu schlagen. Ich nehme den Motorradhelm ab und traue meinen Augen nicht: im Helm tummeln sich zwei Millionen winzige Ameisen unter der Schaumstoffeinlage. Die haben dort in der Nacht ein Nest gebaut. Jetzt kommen sie raus und wurln ueber meine Haare, meine Jacke und natuerlich geht’s im Helm drin auch rund. Wir versuchen die Viecher aus dem Helm zu bekommen, aber die sind so winzig und so schnell, dass sie sofort in irgendwelchen Ritzen im Helmfutter verschwinden. Ein paar tausend haben wir rausgeschuettelt und die haben sich sofort ueber das Motorrad hergemacht. Jetzt sind sie nicht nur im Helm sondern auch im Sitz, auf unserem Gepaeck, auf und unter dem Tank und sie beginnen bereits Weemulees Jacke zu erkunden.

Das Problem ist, hier kann ich nicht stehenbleiben, gleich wird die Ampel gruen. Ohne Helm kann ich aber auch nicht weiterfahren. Nutzt also nix. Helm auf und hoffen, dass der Fahrtwind die Ameisen dazu bringt in den Ritzen Schutz zu suchen und nicht in meine Ohren zu krabbeln. Auf der Stirn und im Bart juckts ununterbrochen und soweit ich kann wische ich immer wieder einige vorwitzige Sechsbeiner vom Gesicht. Hinten haut Weemulee noch immer mit einem Taschentuch auf meinen Helm und meine Schultern. Mir ist schon ganz schwindelig. Nach zirka fuenfzehn Kilometern kommt endlich eine Tankstelle. Ein Staubsauger waere die Rettung, damit koennten wir die Helmbewohner rauskitzeln. Leider gibt’s hier keinen.

Also dann die Chemiekeule. Ein Supermarkt ist gleich nebenan und ich komme mit schwerem Geschuetz heraus: „RAID – One Shot“ steht auf der feuerroten Spraydose und ich hab gleich die grosse genommen. Sie stand uebrigens gleich neben dem Starthilfespray fuer Autos mit dem schoenen sprechenden Namen „Start Ya Bastard“. Tatsache. Der Helm wird mit RAID geflutet und jede Ritze behandelt. Dann auch gleich der von Weemulee, sicher ist sicher. Und auch die BMW wird eingesprueht wo immer ein Ameisenbein rausschauen koennte. Dann ist uns schlecht von der Chemiekeule und wir gehen erstmal in die Shopping Mall, solange Helme und Motorrad auslueften.

Als wir zurueckkommen krabbelt nichts mehr. Wir fahren weiter mit dem troestlichen Gefuehl dass die BMW nun ein Massengrab ist und unter der Schaumstoffeinlage meines Motorradhelmes fast zwei Millionen Leichen liegen. Die Sonne scheint, das Wetter ist schoen und so lasse ich mir aber nicht die gute Laune von solch trueben Gedanken vermiesen. Am Abend springe ich dann mit aufgeloesten Haaren ins Pool unserer naechsten Unterkunft, damit auch die letzten dahingeschiedenen Ameisen meinen Kopf verlassen koennen. Morgen gibt es dann noch eine letzte Ameisenkontrolle, ob nicht vielleicht doch ein paar Krabbler mit Gasmaske ueberlebt haben, dann geht’s weiter.

Es regnet!

Man glaubt es kaum: heute in der Nacht hat es geregnet! Und zwar richtigen Tropen-Dauerregen, volle Kanne. Am Morgen hat es dann 21 Grad und es ist bewoelkt, aber nach ein paar Stunden scheint schon wieder die Sonne wie gewohnt.

Hier in Balgal Beach ist ein kleines Paradies. Wir sind in einem Bungalow etwa hundert Meter vom Strand entfernt. Kleiner Pool mit Whirlpool, alles unter Palmen, Baeumen und Bueschen und wir sind fast die einzigen Gaeste. Totale Ruhe. Der Strand ist kilometerlang, sehr breit und auch dort sind wir fast die Einzigen. Das Meer ist sehr warm, also fuer mich geeignet, und es geht sehr flach ins Wasser. Nach den fast drei Wochen Fahrt durch das trockene Outback die reine Erholung.

Wir bleiben aber nur zwei Naechte, denn bis Brisbane sind es noch etwa tausendvierhundert Kilometer und dort wollen wir dann einige Tage bei koreanischen Bekannten bleiben. Unterwegs finden wir aber sicher noch einige schoene Plaetzchen zum Uebernachten. Gestern Abend fuhren wir zum oertlichen Golfplatz, weil Gaststaetten sind hier rar. Zur Not haben wir ein paar Nudeln und Spaghettisauce eingekauft, aber das Essen beim Golfplatz war ausgezeichnet. Zum kaiserlichen Fruestueck gab es heute ausserdem Toastbrot mit Butter und Salami. Tolle Abwechslung.

Jetzt draengt Weemulee zum Aufbruch an den Strand und ich muss gehorchen. Ohne mich geht sie ja kaum ins Wasser, denn die Wellen koennten sie ins weite Meer entfuehren. Fuer Haie ist es hier wohl zu flach, aber kleine Krebse gibt es zuhauf. Da regt sich der koreanische Appetit, vielleicht koennte man die Spaghetti zu Mittag geschmacklich etwas verbessern? Wir werden sehen.

Es wird gruener und feuchter

Weiter geht es auf dem Flinders Highway. Bevor wir aber losfahren koennen beginnt unser Tagesablauf. You Song – Entschuldigung, Weemulee – bereitet ein kaiserliches Fruehstueck zu, damit der Blutzucker stimmt und der Kreislauf in Gang kommt: Kaffee fuer sie und Tee fuer mich, dazu entweder ein oder zwei Kekse vom Tischchen unseres jeweiligen Zimmers. Fast ueberall gibt es einen Wasserkocher im Zimmer mit Instantkaffee und sogar Milch bzw. Tee. Zwei Kekse sind auch ueberall dabei. Wenn Sonntag ist geniessen wir ein paar Oreo Kekse mit picksuesser Fuellung dazwischen. Danach bitte Zaehne putzen, sonst bekommt der Zahnarzt Arbeit. Ich krieg in der Frueh ja eigentlich nichts runter, werde aber mit Nachdruck dazu angehalten, kaiserlich zu fruestuecken.

Danach packen wir zusammen und beladen das Motorrad. Das geht jetzt ziemlich fix, alles findet seinen Platz: die Elektronik (Kameras, Navi und Satellitentracker) auf die Halterungen, unsere zwei kleinen Go-Bags mit den Notwendigkeiten in je einen Seitenkoffer, darauf je einen wasserdichten Seesack mit jeweils einem Spanngummi befestigen, die Wasserflaschen fuer die Fahrt in einen Plastiksack der beim Ruecksitz Platz findet – und los geht’s.

Wir sind in Queensland und das merkt man jetzt deutlich. Die Landschaft wird tatsaechlich gruener und ist nicht mehr so trocken. Zeitweise fahren wir tatsaechlich durch einen Wald, der diese Bezeichnung verdient, auch wenn die Baeume andere als bei uns sind. Unsere Tagesetappen sind meistens zwischen zweihundert und dreihundert Kilometer, heute sind’s etwas mehr. Nach etwa zwei Stunden Fahrt machen wir eine Pause, soferne eine Tankstelle mit Coffeeshop oder ein Roadhouse auftaucht. Dann gibt’s zweites Fruehstueck oder kleines Mittagessen. Falls sich nix zeigt bleiben wir auch mal auf einem Rastplatz kurz stehen. Danach ist das Sitzfleisch wieder bereit fuer die restlichen Kilometer.

Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, schon einen Tag vorher die naechste Unterkunft zu reservieren. Das geht prima im Internet oder mit dem Handy von Weemulee, weil sie hat eine Daten-SIM-Karte. Damit vermeiden wir, am Nachmittag von einer Unterkunft zur naechsten fahren zu muessen wenn es keine Zimmer mehr gibt. Und das kommt gar nicht so selten vor. Oft gibt es ueberhaupt nur ein Motel und das naechste ist erst zweihundert Kilometer weiter. Wir haben ja kein Zelt mit und in der Nacht wird es immer empfindlich kalt. Jetzt wo wir uns der Kueste naehern gibt es mehr Unterkuenfte zur Auswahl. Trotzdem ist es beruhigend zu wissen, wo man sicher uebernachten kann. Wer weiss, was in der Nacht so alles rumtrampelt?

Sichere Uebernachtung tut not.

Der naechste Halt ist morgen direkt am Strand. In Balgal Beach etwas oberhalb von Townsville haben wir einen Bungalow fuer zwei Naechte gemietet. Relaxen ist angesagt, bevor es die Kueste runter nach Brisbane geht.

To the Eastcoast

Tag drei auf dem Barkly Highway, der mittlerweile zum Flinders Highway mutiert ist. Ansonsten hat sich nicht viel veraendert. die ersten hundert Kilometer sind rechts Eisenbahnschienen, links Telegrafenmasten und in der Mitte die schnurgerade Strasse. Dann kommt ein Szenenwechsel: wir ueberqueren die Schienen. Jetzt sind sie links, die Telegrafenmasten rechts und die schnurgerade Strasse in der Mitte. Horizont ist vorne, links und rechts und wenn ich in den Rueckspiegel schaue auch hinten. Ziemlich viel Horizont, manchmal ein paar Baeume. Die heimische Fauna besteht aus Rindern und toten Kaengurus, wie gehabt. Sobald man irgendwo stehen bleibt kommen kleine schwarze Fliegen dazu. Nicht unbedingt massenhaft, aber trotzdem laestig.

Kronosaurus Waterworld

Ich erinnere mich gehoert zu haben dass das australische Outback trocken ist. Kann ich nicht bestaetigen. Es hat heute 38 Grad und trotzdem sehen wir in der Ferne immer wieder riesige Wasserflaechen. Darin stehen dann einige Baeume oder ein kleines Waldstueck. Seltsamerweise verdunstet das Wasser aber immer, wenn wir naeher kommen. Hie und da bleiben aber kleine Tuempel am Strassenrand stehen, damit die vielen Bruecken ueber die wir fahren auch irgendeinen Sinn haben. Wir sind jedenfalls gut ausgeruestet und haben einige Wasserflaschen mit. Ausserdem einen Camelback Wasserrucksack mit einer Notration. Haben wir aber noch nie gebraucht, Wasser und andere Getraenke kann man ueberall kaufen wo es Benzin gibt. Meist ist da auch ein Cafe dabei wo es auch warme Mahlzeiten gibt. Benzin gibt es allerdings nur alle hundertfuenfzig Kilometer im Schnitt. Also immer schoen volltanken.

Jetzt sitzen wir im Midway Motel in Richmond und nach einem kleinen Spaziergang um den Kronosaurus Waterpark – hier gibt’s tatsaechlich einen kuenstlichen See mit Wasserspielen – haben wir gerade unser Abendessen verdrueckt. Pepperoni Pizza und Reis mit Huehnerragout (ratet mal, wer was gegessen hat), also ist Zeit fuer die Technikfreaks unter euch.

BMW Technik

Sicher haben sich schon einige unter euch gefragt, was wir so mithaben um sicher durch Australien zu kommen und schoene Berichte, Fotos und Videos anfertigen zu koennen. Voila – von links nach rechts:

  • Osmo Action Kamera, befestigt am linken Spiegel mit einer Klammer und Kugelgelenken von Small Rig – sitzt perfekt, kann einfach gedreht und veraendert und mit einem Handgriff abgenommen werden falls noetig.
  • Dogee Rugged Phone als Ersatz-Navi in einer Halterung von Ram Mount – einfacher geht’s nicht und haelt bombenfest
  • Garmin Zumo XT mit Garmin Halterung – das haben wir in Melbourne gekauft und es hat sich toll bewaehrt. Australien-Karten sind inklusive.
  • Insta 360 X2 Rundum-Kamera auf dem Invisible Stick (der wird tatsaechlich aus dem Bild rausgerechnet und ist spaeter nicht sichtbar), ebenfalls befestigt mit einer Small Rig Klammer. Die 360Grad-Videos muss man allerdings mit einer Spezialsoftware nachbehandeln, dann kann man jeden Bildausschnitt waehlen, der drauf ist.
  • Das kleine orange Kaestchen etwas oberhalb vom Gasgriff rechts ist ein Spot Gen 3 Satellitentracker. Damit zeichnen wir unsere Reiseroute live auf und im Notfall kann man damit auch Notrufe absetzen. Die Reiseroute kann man uebrigens hier live verfolgen: https://maps.findmespot.com/s/QVBR/8Y.

Hier nicht im Bild, aber trotzdem in Verwendung:

  • GoPro Hero7 Black
  • Osmo Pocket mit Gimbal
  • DJI Spark Drohne
  • Huawei Handy von You Song fuer die schoenen Fotos waehrend der Fahrt

Gespeichert wird das Ganze auf einer Samsung T5 SSD, da haben wir bisher etwa 180 GB drauf. In Kuerze wird dann alles auf eine 1 Terabyte SSD von Samsung kopiert, damit auch nix verloren geht. Diese schoenen Berichte schreibe ich auf einem Samsung Galaxy Book 12, ich hab aber auch noch ein Getac F110 Tablet mit fuer alle Faelle.

Im Uebrigen fahren wir eine BMW R 1250 GS, also keine GS Adventure, die relativ neu ist. Jetzt allerdings nicht mehr, wir haben schon mehr als siebentausend Kilometer runtergeradelt und es werden noch ein paar mehr. Leider hat die BMW nur den kleinen 20 Liter-Tank, damit kommen wir etwa knapp vierhundert Kilometer, wenn wir alles rauspressen. Mit meiner GS zuhause schaffe ich problemlos ueber 500 Kilometer, weil die hat den grossen 32 Liter-Tank. Aber mit etwas Routenmanagement und den mahnenden Worten meiner Sozia ist es sich bisher immer ausgegangen.

Noch ein Wort zum Kronosaurus Waterpark. Im See kann man schwimmen, was gerade ein paar Kinder und zwei Pferde tun. Eine nette Liegewiese ist rundherum. Mitten im See ragt aber eine winzige kuenstliche Insel heraus, wo Fitzpatrick ruht, der erste Unfalltote im Richmond County. Er ist vor etwa hundertdreissig Jahren hier vom Pferd gefallen und wurde an Ort und Stelle begraben. Als der kuenstliche See angelegt wurde hat man sich entschlossen, seine letzte Ruhestaette im See zu lassen, man hat ihn nur etwas hoeher gebettet. Jetzt koennen die Kinder und alle anderen Erholungsbeduerftigen eine Runde um sein Grab schwimmen.

Queensland

Gleich nach der Grenze zu Queensland aendert sich die Landschaft. Es wird gruener, weniger Fels und Sand, mehr Buesche und Baeume. Heute sehen wir sogar einige Wasserlacken unter den Bruecken. Seit einigen Tagen saeumen Millionen von Termitenhuegeln links und rechts die Strasse. Manchmal stehen sie eng beieinander, sodass sie wie Grabsteine aussehen. Ich bekomme heimatliche Gefuehle, weil wir wohnen in Simmering beim Zentralfriedhof. Immer wieder haben Spassvoegel die Termitenhuegel mit T-Shirts oder Kleidern behaengt. Manche haben sogar einen Arbeiterhelm auf. Schaut in der Nacht sicher gruselig aus.

Termitenhuegel

Ansonsten gibt es mehr Anzeichen von Bewirtschaftung des riesigen Landes. Soll heissen: die Verkehrszeichen und Tafeln, die vor Rindern warnen, die auf der Strasse sein koennten haeufen sich und man sieht auch wirklich hie und da Rinder am Strassenrand. Die cleveren haben bemerkt, dass es direkt neben der Fahrbahn junges frisches Gras gibt, denn da wird gemaeht und jetzt ist Fruehling. Ansonsten sieht das Nahrungsangebot duerftig aus und Wasser sehe ich auch keines, aber irgendwie wird das schon funktionieren. Nach etwa hundertfuenfzig Kilometer gewohnter Geradeausfahrt weicht ploetzlich der Baumbestand zurueck und es folgen riesige praerieaehnliche Weideflaechen. In jeder Richtung reichen sie bis zum Horizont und darauf stehen vereinzelt oder in kleinen Gruppen Rinder.

Wir fahren weiter und ploetzlich knallt etwas gegen meinen Motorradhelm. Ein Vogel hat sich grob verschaetzt und mich in vollem Flug gerammt. Mir ist nichts passiert aber dem Vogel brummt nun mindestens der Schaedel. Ich habe im Rueckspiegel nicht gesehen, dass er abgestuerzt waere, die ganze Sache war aber auch zu schnell vorbei, immerhin fahren wir recht flott dahin. Wir naehern uns Mount Isa und das ist eine Minenstadt. Das merkt man schon lange vorher, denn das flache Land – nicht umsonst heisst diese Gegend „Tableland“ – macht Platz fuer immer mehr Erhebungen und die Strasse wird tatsaechlich kurvig. Weemulee sagt „bergig“ dazu, ich gestehe hoechstens ein „huegelig“ zu, aber bei Weemulee zuhause in Korea gilt ja auch der „Ostberg“ von Mangyeong mit seinen knapp sechzig Metern als „Berg“.

Road Train am „Berg“

Mount Isa ist keine schoene Stadt, aber ein Zentrum der Minenindustrie und recht gross, verglichen mit den Nestern, durch die wir in den vergangenen Tagen gekommen sind. Ein kleines Mittagessen beim Inder und einen Kaffee bei „Hungry Jack“ daneben, und wir sind schon wieder unterwegs zu unserem heutigen Zielpunkt: Cloncurry. Mit unserem Motel haben wir wieder einen Gluecksgriff getan. Es ist eine sehr schoene gepflegte Anlage mit Pool und riesigen Zimmern. Im Pool sind wir alleine, das heisst bis auf eine kleine Eidechse, die hineingefallen ist und nicht mehr herauskann. Ich habe mir die australische Lebensrettermedaille verdient und den kleinen Kerl an Land gesetzt. Nach einer Minute gegenseitigen Beaeugens ist er dann auf seinen zwei Hinterbeinen wie der Blitz ins naechste Gebuesch gesprintet.

Lizard

Das Abendessen kann sich auch sehen lassen (Gnocchi mit Pilzen und Fish and Chips. Klingt nach Frittenbude, ist aber eher haubenverdaechtig und – wie alles in Australien – gross. Jetzt sitzen wir im Zimmer – Weemulee ist schon wieder auf Gelsenjagd obwohl ich hier noch keine gesehen habe – und morgen geht es weiter nach Richmond.