Jetzt sind wir mehr als zwei Wochen in Australien und ich denke, es ist Zeit. Wir haben uns akklimatisiert und angepasst, ich beginne auch schon, die Landessprache zu verstehen, wenngleich es noch manchmal zu Missverstaendnissen kommt. Ich sehe einen urigen Australier und begruesse ihn freundlich mit „Hello, you look like a typical bushranger.“ Danach muss ich einem rechten Schwinger ausweichen, weil ich ihn einen Verbrecher genannt habe. Kann passieren. Ein andermal werde ich gefragt „You want dead horse to the burger?“ Um Gottes Willen, lehne ich ab, dabei hat man mir nur Tomatensauce angeboten.
Jedenfalls ist es Zeit, sich mehr australisch zu geben. Den passenden Hut habe ich schon, jetzt fehlt noch ein Name. Da jeder den „Crocodile Dundee“ von Paul Hogan kennt, entscheide ich mich fuer „Schokomaul Dundee“. Das passt, denke ich, weil fast jeden Abend schiebe ich mir ein oder zwei Snickers rein, damit der Zuckerhaushalt stimmt. Schliesslich ist es anstrengend, stundenlang durch das Outback zu fahren.
Ist das nicht langweilig, denkt sich der unbedarfte Leser, tagelang durch die Wueste zu fahren, fast immer geradeaus und nichts zu sehen? Weit gefehlt, entgegnet Schokomaul Dundee. Erst einmal ist es keine Wueste. Es ist Buschland, und das aendert sich alle paar Kilometer. Mal ist es steinige Ebene, dann wieder buschiges Flachland oder mit kargen Krueppelbaeumen bewachsene Huegel. Manchmal fahren wir auch durch etwas mehr bewachsene Stellen, fast wie durch eine Allee von Krueppelbaeumen, die am Verdursten sind und traurig die Aeste runterhaengen lassen. Dann folgen buschige Ebenen und steiniges Flachland. Man sieht, das australische Outback kann ganz schoen vielfaeltig sein. Rund um Coober Pedy gibt es auch viele Erdhuegel, die wie kleine Pyramiden aussehen. Da wachsen allerdings keine Krueppelbaeume mehr.
Wenn ich mir die abwechslungsreiche Landschaft wirklich mal genug angeschaut habe, konzentriere ich mich auf die Fahrbahn. Nicht dass ich es noetig haette, weil es geht ohnehin stur geradeaus. Aber unglaublich, was sich dort abspielt. Alle paar Kilometer wechselt der Fahrbahnbelag. Grauer griffiger Asphalt, schwarzer glatter Asphalt, hellgrauer rauher Asphalt, roter koerniger Asphalt, hellroter ganz glatter Asphalt, dunkelgrauer ziemlich roher Asphalt – faszinierend. Ganz interessant wird es, wenn zum Beispiel roter koerniger Asphalt ein paar Meter lang mit grauem griffigen Asphalt ausgebessert wurde. War das Absicht oder war der rote Koernige vergriffen? Es gibt auch ein paar Stellen, da wurde der rote Koernige mit grauem Griffigen und dieser wiederum mit schwarzem Glatten ausgebessert. Wie ist das denn passiert? Man koennte stundenlang darueber nachdenken.
Aus diesen interessanten Gedankengaengen werde ich jaeh von einer Polizeikontrolle herausgerissen. Kurz hinter Coober Pedy stehen die Bullen und winken jeden raus, der sich naehert. Zuerst meine ich, die winken mich vorbei, als ich von der Asphaltfahrbahn – eine graue griffige zu diesem Zeitpunkt – auf die unbefestigte Seite fahre und mich dabei irre konzentrieren muss, mit der schweren Kiste nicht auf die Schnauze zu fallen. Nix da, die winken nicht weiter sondern herbei. Es stellt sich heraus, dass das eine Alkoholkontrolle ist. Bei mir haben sie dabei den Aufgedrehten, wie es so schoen wienerisch heisst, weil ich normalerweise keinen Alkohol trinke. Und das Cola von gestern Abend laesst wiederum den Blaseautomaten kalt. Also tratschen wir eine Weile miteinander, der Strassenbulle und ich. Er erzaehlt mir, dass er auch eine BMW 800er hat und es bei dem starken Seitenwind, der fast jeden Tag weht, nicht einfach ist, geradeaus zu fahren. Ich wiederum tue ihm kund, dass wir aus dem Land ohne Kaenguruhs kommen, das fast so wie Australien klingt und es mit der schweren 1250er leichter ist bei Seitenwind geradeaus zu fahren. Das sieht er ein und so duerfen wir weiterfahren, nachdem er noch wissen wollte, wohin es jetzt geht und wie lange wir in Australien bleiben werden. Er bewundert noch, dass wir so viel Zeit haben, das geht wohl nur in der Pension, worauf ich ihm stolz sage, ich bin selbstaendig und in meiner Sportschule arbeiten die Trainer wenn ich monatelang auf Urlaub bin. Ich hoffe, Gerhard, Michael und Jinmo werden das nie lesen.
Nach kaum 240 Kilometern naehert sich unsere naechste Unterkunft, wo wir uebernachten werden. Es ist dies Marla auf dem Stuart Highway. Mehr als eine Tankstelle und ein kleines Motel gibt’s hier nicht, aber die Zimmer sind bequem und morgen fahren wir ja ohnehin weiter nach Erldunda (oder so aehnlich). Von dort zweigt die Strasse zum Ayers Roch ab, den wir mit unserem Besuch beehren werden. Fuer heute also G’day! wie der echte Aussie und also auch Schokomaul Dundee sagt.
Kleiner Nachtrag: heute haben wir auch zwei Emus (lebende) gesehen. Sind ganz locker rechts neben der Strasse spaziert. Haben wohl auf den naechsten Road Train gewartet um mit ihm Fangen zu spielen.