Dem Noeck entkommen

Wer nach Neuseeland kommt, der sollte unbedingt auch eines tun: eine Fahrt mit dem Jet-Boot ueber die Stromschnellen. Vorher aber besuchen wir die Whakarewarewa heissen Quellen und die dortigen Geysire. Die liegen gleich am Ausgang von Rotorua, wo wir heute uebernachtet haben. Wieder ueberlegen wir am Eingang, ob wir die fuenfundsiebzig NZ-Dollar pro Person riskieren sollen, aber wie gesagt: wenn wir schon da sind gehen wir auch rein.

Nix da. Auch hier kommt man erstmal nur mit einer gefuehrten Tour rein, aber wiederum zeigt sich, dass das gar keine so schlechte Idee ist. Wir besichtigen zuerst das Kiwi-Haus, wo es stockdunkel ist, weil die Kiwis nur in der Nacht rauskommen. Dank Rotlicht koennen wir tatsaechlich zwei Kiwis sehen, wie sie mit ihrem langen Schnabel im Boden herumstochern. Dann geht es per Elektrobus zu den Geysiren. Die dampfen vor sich hin und tun uns nicht den Gefallen auch mal auszubrechen und eine Fontaene hochzuspritzen, aber immerhin liegen wir mit dem Ruecken auf warmen Steinen und tun damit den Bandscheiben Gutes.

Noch ein kurzer Rundgang durch das Kuenstlerhaus, wo man Kunsthandwerkern beim Herstellen von traditionellen Holzschnitzkunstwerken oder Kleidung aus geflochtenen Pflanzenfasern zusehen kann und nach einer Stunde sind wir wieder draussen. Jetzt aber zum Jet-Boot fahren!

Auf geht’s also zum Waikato River, wo der Wassermann – auch als Noeck bekannt – tief in seinen gruenen Fluten haust. Er hat dort keine Ruhe, denn oben drueber sausen die Jet-Boote der Rapid Jets Co. und die sind nicht gerade leise. Hier in Neuseeland gibt es gerade Demonstrationen der Bauern gegen die geplante Einfuehrung einer Steuer gegen den Methangas-Ausstoss von Kuehen. Damit soll die Klimaerwaermung verhindert werden. Man sieht, Dummheit ist auch auf der anderen Seite der Erde gegenwaertig. „Honk, if you support the farmers“ steht auf einem Transparent und als gestandener Klimaleugner hupe ich natuerlich wie verrueckt.

„Aber die Kinder!“ hoere ich gruene Birkenstocksandalentraeger greinen, „was ist mit den Kindern?“. Die Kinder sollen mal ihr Smartphone weglegen und selber schauen wie sie zurechtkommen, wenn sie an der Reihe sind. Bis dahin isst Ihuteraroa Steaks, faehrt SUV, fliegt mit dem Flugzeug und faehrt Jet Boot. So, nachdem ich mich jetzt als uneinsichtiger alter weisser Mann geoutet habe, fuehle ich mich besser und verabschiede mich von einem Teil meiner Leser. Baba und stolpert’s nicht ueber eure Birkenstocksandalen.

Ein letzter Gruss

Wir kommen bei den Rapid Jets an und Tauaruru teilt mir mit, dass sie gerne von oben zuschaut, wie ich Jet-Boot fahre. Ich lotse sie unauffaellig ins Buero und bevor sie sich dreimal umdreht hat sie eine Schwimmweste an und ist auf dem Weg zum Steg, an dem das Jet-Boot wartet. Flugs eingestiegen und schon roehrt der Motor auf. Wir klammern uns an die extra gewaermten Haltestangen vor uns wie an einen Strohhalm, der uns am Leben haelt und los geht die Fahrt. Der Steuermann faehrt als ob er noch gewaltigen Restalkohol von gestern im Blut haette und das Boot schiesst von einer Seite zur anderen auf dem schmalen Fluss.

Schon nach den ersten Metern ziehen sich meine Mundwinkel nach oben und bleiben die naechsten fuenfundvierzig Minuten dort. In Europa waere so etwas unmoeglich, man wuerde dafuer niemals eine Bewilligung bekommen. Von Laermbeschwerden ueber Wasser- und Luftverschmutzung bis zu den Biologen, die um die Fortpflanzung der Gefleckten Spiraligen Wasserschnecke fuerchten, wenn sie bei der Begattung so oft mit den kalten Wellen ueberspuelt wird, die das Boot ausloest; saemtliche Bedenkentraeger wurden in Schnappatmung verfallen, kaeme ein solcher Antrag auf ihren Schreibtisch.

Obwohl ich die Gefleckte Spiralige Wasserschnecke verstehen kann – wer bekommt schon gerne einen kalten Wasserguss in einem intimen Moment – macht es einen Hoellenspass, den Fluss hinunterzuschiessen. Das Boot macht etliche brutale Wendemaneuver, vergleichbar mit U-Turns mit angezogener Handbremse, und das Wasser spritzt nur so. Alle Mitfahrer jubeln laut und am Lautesten kreischt Tauaruru. Besonders wilde Streckenabschnitte fahren wir mehrmals und am Ufer steht ein Rapid Jets-Mann und macht Fotos und Videos. Der Noeck versucht mehrmals, uns ins Wasser zu ziehen aber es gelingt ihm nicht.

Nach fast einer Stunde legen wir wieder an und die Fahrt war jeden Dollar wert, den sie gekostet hat. Tauaruru hat eine nasse Hose und ich bin nicht sicher, ob das alles vom Flusswasser kommt. Aber sie grinst ueber das ganze Gesicht und bereut keineswegs, mitgefahren zu sein. Unsere Empfehlung daher: fuenf Sterne fuer Rapids Jet und daher ein Muss fuer Neuseeland-Besucher.

Heute Abend sind wir in Tairua und bewohnen eine der Pacific Harbour Villas. Da bleiben wir die letzten zwei Naechte bevor wir uns auf den Weg nach Auckland machen um nach Singapur zu fliegen.

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