Von Mary bis Turkmenabad sind es zirka 240 Kilometer und noch ein paar mehr bis zum Grenzübergang in Farab. Wir kommen gut voran, wir fahren zuerst durch Steppe, dann durch Wüste, aber die Straße ist katastrophal. Überall Schlaglöcher so tief, dass man einen Hund darin begraben könnte. Schließlich, etwa zehn Kilometer vor Turkmenabad lauert auf uns die Mutter aller Schlaglöcher. Kurze Zeit danach wird die BMW schwammig und ich weiß: Patschen am Hinterreifen.
Keine zwei Minuten nachdem ich unser Gepäck abgeladen habe bleibt auch schon ein turkmenischer SUV stehen und die beiden Insassen bieten uns Hilfe an. Wir fahren zu einer Werkstatt ein paar Kilometer weiter und ich kaufe ein Reparaturset für den Reifen.
Bei genauerer Betrachtung stellt sich aber heraus dass das nichts nützt, der Reifen ist ziemlich hinüber, die Lauffläche hat einen fünf Zentimeter langen Riss.
Gerade diskutieren wir, was wir tun können, da naht unser Retter: Hassan, der Partisan. Vierzig Tonnen LKW samt Container bremsen sich ein und ein Redeschwall aus fünf verschiedenen Sprachen prasselt auf uns nieder. Wir kriegen mit, dass er das Motorrad hinten auf den Container schnallen will und sind skeptisch. Hassan aber fackelt nicht lange. Der Containeranhänger geht hinten hydraulisch in die Knie und schon hängt die BMW waidwund hinten dran. Wir steigen zu Hassan ins Führerhaus und sind die nächsten zwei Tage Fernfahrer.
Da unser turkmenisches Transitvisum heute abläuft müssen wir unbedingt über die Grenze um Probleme und Strafzahlungen zu vermeiden. Tatsächlich sind wir etwa um sieben Uhr dort und reihen uns in die lange Schlange der Fernfahrer-LKWs ein, die darauf warten das erste Grenztor – den Vorhof zur Hölle – zu überwinden. Hassan schickt mich nach vorne um den dortigen Wächter zu bewegen, uns vorzulassen, was mir nach gestenreichen Bemühungen auch gelingt. Dann kommt die nächste Schlange und die ist noch länger. Inzwischen ist es dunkel, ich intensiviere mein Flehen vor den Wächtern des Grenzbalkens und wieder zeigen die hartgesottenen Beamten menschliche Regungen und lassen unseren LKW vor. Level drei beginnt.
Und das entwickelt sich zum Bosslevel, denn jetzt geht es ans Eingemachte: die Papiere. Viele viele Uniformierte begutachten die aufgehängte BMW, unsere Pässe werden endlos oft kontrolliert und unsere Personalien zusammen mit den Fahrzeugpapieren in großen Büchern in lange Listen eingetragen. Als das beendet ist beginnt alles wieder von vorne. Schließlich ist auch der letzte Zollbeamte davon überzeugt dass wir kein wertvolles turkmenisches Kulturgut entführen sondern nur ein Motorrad mit einem kaputten Reifen und wir dürfen passieren – zu der usbekischen Einreisestelle.
Die dortigen Beamten haben andere Tarnuniformen und Sturmgewehre, sind aber nicht minder genau. Computer stehen zwar in den Büros und werden auch verwendet, das Eintragen der Daten dauert aber ewig und zur Sicherheit wird nochmal alles händisch niedergeschrieben und auch noch kopiert. Kaum bedeutet uns der eine „Fertig“ und winkt uns weiter, kommt schon ein anderer der uns mitnimmt und die ganze Prozedur geht von vorne los. Hassan mit seinem Container geht es nicht viel besser, aber er fährt seit vierzig Jahren Fracht und kennt das alles zur Genüge.
Inzwischen ist es fast Mitternacht, draußen schwirren die Gelsen und wir sind eigentlich ziemlich fertig. Immerhin haben wir rechtzeitig Turkmenistan verlassen und hoffen auf eine Reparaturmöglichkeit in Buchara, der nächsten größeren Stadt