Duschanbe – endlich!

Es ist frueher Morgen, Bachtiyurt geht zur Arbeit mit einer Schaufel bewaffnet auf die Strasse und wir sind allein. Mir gehen alle moeglichen Szenarien durch den Kopf. Was wenn uns Bachtiyurt nicht verstanden hat und kein Abschleppwagen kommt, was wenn das Motorrad in Duschanbe nicht repariert werden kann, was wenn Bachtiyurt in den Bergen verloren geht und niemals zurueckkommt, werden wir unseren Lebensabend auf einer Strassenkehrerhuette auf fast dreitausend Metern Hoehe verbringen und werden wir jemals genuegend tadschikisch lernen um uns verstaendigen zu koennen? Draussen regnet es und die majestaetischen Berggipfel sehen uns an und schweigen. Die BMW steht mit ihrem platten Hinterreifen vor dem Haus und schweigt ebenfalls.

So gegen zehn Uhr vormittags tut sich was. Bachtiyurt kommt zurueck (Gottseidank!) und es tauchen noch ein paar durchnaesste Strassenraeumer auf. You Song wird nicht muede, immer wieder zu gestikulieren, dass wir einen Abschleppwagen brauchen, der uns nach Duschanbe bringt und Bachtiyurts Kollege zueckt sein Handy. Er will, dass ich nochmals den Motorradpraesidenten anrufe damit er einen Abschleppdienst schickt. Der spricht zwar Englisch, aendert seine Meinung aber nicht: ich soll den Hinterreifen ausbauen und in die Werkstatt bringen, dann mit dem Taxi zurueckfahren und das Motorrad holen. „Is easy“ meint er. Vielleicht fuer ihn aber nicht fuer mich, der sich mit den geprellten Rippen kaum bewegen, geschweige denn Reparaturarbeiten am Motorrad durchfuehren kann. Ein neuer Anlauf also mit einer weiteren Runde Pantomimespiel. You Song kurbelt am imaginaeren Lenkrad eines LKWs, ich stelle einen Kran dar, der das Motorrad auf den LKW hebt und beide wiederholen wir in perfektem Tadschikisch „Brrmm, brrmm!“ und „Duschanbe! Duschanbe!“.

Endlich faellt der Groschen und wir kommen eine Runde weiter. Bachtiyurts Kollege telefoniert wieder und reibt mit fragendem Blick Daumen und Zeigefinger aneinander. Dazu sagt er „Dollar“. Wir nicken eifrig und ich bedeute grosszuegig, dass ich alles zahle. Auf der Handytastatur erscheint der Betrag „300“ und Bachtiyurt verdreht die Augen. Der nette Kerl wollte nicht mal zwanzig Dollar fuer die Uebernachtung und sein geteiltes Abendessen nehmen. You Song versucht noch zu handeln, aber eigentlich haben wir keine Wahl. Der Handel gilt und ein paar Telefonate spaeter taucht ein Kleinlaster der Strassenbehoerde auf, der uns samt Gepaeck und BMW nach Duschanbe bringen soll. Das Motorrad wird russisch auf die Ladeflaeche befoerdert indem der Kleinlaster einfach rueckwaerts in einen Sandhaufen faehrt und die BMW druebergeschoben wird. Wir holen unser Gepaeck und verabschieden uns von Bachtiyurt, dem Strassenengel und seinen Kollegen. Auf nach Duschanbe in die Werkstatt!

Unterwegs bleiben wir noch mehrmals stehen um Kollegen und ihr Werkzeug mitzunehmen, zu tratschen oder irgendwelche bluehenden Bergpflanzen auszugraben und aufzuladen. Zeit spielt in Tadschikistan nicht die gleiche Rolle wie bei uns. Fuer uns aber auch nicht, denn wir sind endlich unterwegs. Nach geschaetzten zwanzig Kilometern wieder ein Halt, das ganze Zeug wird auf einen anderen Kleinlaster verladen (?) und wir draengen uns zu viert in die winzige Fahrerkabine. Es regnet in Stroemen und ich bin froh dass ich die ganze Strecke nicht auf dem Motorrad fahren muss, es geht immer wieder durch (kuerzere) Tunnel und Lawinengalerien. Etwa auf der Haelfte der Strecke bekommen Fahrer und Beifahrer Hunger und bedeuten uns „Jetzt ist Essenszeit.“ Wir bleiben also stehen und gehen in ein Restaurant wo wir alle zusammen tadschikisches Huhn mit Beilagen essen. Bezahlen tut der Beifahrer, also haben wir von unseren dreihundert Dollar noch etwas rausgerissen.

In Duschanbe angekommen bringt uns der Fahrer zielgenau zum Clubhaus des Motorradclubs, wo sich auch die Werkstaette befindet. Zwei nette Tadschiken sind da, die Englisch sprechen und gleich das Motorrad von der Ladeflaeche holen. Reifen gibt es auch und das Service ist ebenfalls kein Problem.

Morgen koennen wir die BMW schon abholen, wir werden aber mindestens zwei Tage in Duschanbe bleiben um meine Rippen auszukurieren und uns etwas zu erholen. Das Sheraton Hotel ist dafuer gerade gut genug.

2 Antworten auf „Duschanbe – endlich!“

  1. Hallo, habe Ihren Beitrag gelesen und finde es super, dass man immer wieder gute Leute finden kann , die helfen wollen, die Ideen haben und nach Loesungen suchen. Bravo und vielen Dank!
    Unser Sohn faehrt alleine mit dem Motorrad ueber Tuerkei, Irak, Iran, usw…., aktuell ist er noch fuer 4 Tage in Turkmenistan. Er faehrt nach Duschanbe in Tadikistan. Es sind einige Teile fuer seinen Motorrad als Paket gekommen und wir sollten ihm die Teile zur Hauptpost in Duschanbe schicken. Allerdings ist es unmoeglich aus De per Post nach Duschanbe es abzuschicken ohne konkrete Adresse und den Namen des Empfaengers…..
    Als ich Ihren Text gelesen habe, habe ich Hoffnung geschoepft, dass man vllt es zu dem Motorradklub oder zu diesem Werkstatt in Duschanbe es abschicken kann. Man muss die Leute auch ev. um Genehmigung bitten, ob sie das erlauben und im Empfang nehmen wollen. Der Fahrer heisst Rafael Laxy, wohnt in Kaiserslautern in Deutschland, ca. 30 Jahre alt. Er ist jetzt unterwegs in Turkmenistan und wir haben Kontakt mit ihm, nur wenn er sich selber meldet und Internet hat.
    Koennten Sie uns bitte helfen?
    Wir brauchen die Empfaengerdaten und die Adresse in Duschanbe, falls es das Paket dorthin zu schicken moeglich waere. Falls irgendwelche Gebuehren , Zoll oder irgendwas zu bezahlen waere, uebernimmt er das natuerlich alleine und bezahlt (erstattet) das vor Ort, falls man die Vorkasse leisten muss.
    Wir werden uns sehr ueber Ihre Antwort und Rueckmeldung freuen. Vielen Dank im Voraus und freundliche Gruesse.
    Magdalena und Peter Laxy
    Unsere emailadressen:
    Malaxy65@gmx.de
    Laka63@gmx.de
    Abock752@gmail.com

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