Gestern war ich noch gespannt. Heute bin ich nur noch abgespannt. Wir fahren guten Mutes von unserem Hotel in Ölgii los und genießen eine wunderbare Asphaltstraße. Das Wetter ist perfekt und die Landschaft phänomenal.
Aber leider nur für etwa sechzig Kilometer. Dann endet die Straße und die Tortur beginnt. Zuerst ist es nur Schotterpiste, die entlang der in Bau befindlichen neuen Schnellstraße führt – mal auf der einen, mal auf der anderen Seite.
Dann verzweigt sich die Piste in mehrere Spuren und es kommen Stellen mit weichem Sand. Es dauert nicht lange und wir kugeln schon über die Dünen. Aus dem nächsten Minibus springen drei Mongolen und helfen uns das Motorrad wieder aufzustellen.
Weiter geht’s über die Piste des Schreckens, wir haben ja noch hundert Kilometer vor uns, bis wir laut Navi ein Hotel finden. Über Berg und Tal quälen wir uns im Schneckentempo dahin, zeitweise eingenebelt von den Staubfontänen der Lastwagen, die uns entgegenkommen oder überholen. Wie zum Hohn lacht uns von der Seite die großteils fertiggestellte Trasse der neuen Schnellstraße an, auf die wir aber nicht raufkönnen. Dann ist es wieder soweit: die Fahrspur wird tiefer, ich versuche mit etwas mehr Geschwindigkeit durch den Sand zu pflügen und diesmal stürzen wir auf die rechte Seite.
Uns ist wieder nichts passiert, aber die BMW hat’s diesmal etwas mehr erwischt. Ein Teil des rechten Zylinderschutzes ist abgebrochen und eine Befestigungsklammer des rechten Seitenkoffers. Wir nehmen das ganze Gepäck runter damit wir das Motorrad wieder aufstellen können, da kommt auch schon ein LKW mit hilfsbereiten Mongolen, die uns helfen.
Inzwischen schauen wir beide aus als hätten wir in Mehl gebadet, über und über mit Staub bedeckt und die BMW schaut auch nicht besser aus. Sie springt allerdings problemlos an und nachdem wir das Gepäck wieder aufgeladen haben fahren wir weiter. Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig. Hinter jedem Hügel hoffe ich auf eine bessere Straße, aber es wird eher schlechter. Plötzlich höre ich ein dumpfes Geräusch. Der rechte Seitenkoffer hängt runter und streift bei jedem Einfedern am Hinterreifen. Ich erinnere mich an meinen zweiten Vornamen – McGyver – und befestige den Koffer mit Panzerband wieder am Gestell. Weiter geht’s.
Gegen Abend ist unser Tagesziel Chowd noch immer nicht in Sicht. Noch dazu haben wir uns verfahren, weil wir laut Navi auf einem Feldweg über einen Bergrücken fahren sollten, ich aber lieber der Trasse der neuen Schnellstraße gefolgt bin. Mit dem letzten Tageslicht erreichen wir dann doch noch die Stadt und finden ein Hotel. Nach elf Stunden Fahrt haben wir zweihundert Kilometer geschafft, davon aber etwa sechzig auf sehr guter Straße. Wir sind komplett fertig und beschließen auf alle Fälle einen Ruhetag einzulegen.
Am nächsten Morgen treffen wir beim Frühstück drei deutsche Motorradfahrer, mit denen wir schon in Russland gesprochen hatten. Sie sind einen Tag früher gekommen und haben ebenfalls einen Tag Pause gemacht.
Sie haben sich schon über den weiteren Verlauf unserer geplanten Strecke schlau gemacht und es sind keine guten Neuigkeiten. Von Chowd weg kommen etwa hundertfünfzig Kilometer gleiche Schotterpiste wie gestern, dann dreihundert Kilometer tiefer Sand bevor es endlich wieder Asphalt gibt. Die Deutschen wollen daher von hier aus wieder nach Norden auf die Nordroute fahren, wo es mehr asphaltierte Teilstücke geben soll. Allerdings warten dort auch Wellblechpisten und tiefe Flussdurchfahrten. Die Deutschen fahren los und wir beginnen unseren Regenerationstag. Allerdings kann ich mich nicht wirklich entspannen, die Aussicht auf weitere eineinhalb tausend Kilometer und etwa zehn Tage Fahrt auf ziemlich schwierigen Pisten macht mir zu schaffen. Wir sind jetzt mehr als zwei Monate unterwegs und doch ziemlich ausgepowert.
Daher überlege ich im Laufe des Tages Alternativen. Es gibt in Chowd einen Flugplatz und da fahren wir hin um einfach mal nachzufragen ob wir samt Motorrad nach Ulan Bataar fliegen können. Das geht zwar nicht, aber wir lernen auf Umwegen eine junge Mongolin kennen die am Flugplatz arbeitet. Sie vermittelt uns eine Transportmöglichkeit für das Motorrad auf einem Lastwagen nach Ulan Bataar, wir beide fliegen morgen voraus und nehmen in ein paar Tagen die BMW dort wieder in Empfang. Dann fahren wir zur Grenze nach China um das letzte Teilstück bis zur Fähre nach Korea zurückzulegen. Die nächste Nachricht kommt dann also aus Ulan Bataar.
Ich freue mich, dass Ihr diese Lösung gefunden habt. Wir sind inzwischen in Ulaangom, aber die Straße dorthin war zum Teil noch schlechter als die nach Chowd. Morgen brechen wir nach Ulaan Bataar auf.
Alles Gute von den Bikerfreunden aus Chowd
Schönen Tag und danke für den Kommentar. Von der Grenze (Taschanta) bis nach Tsagagannuur waren es etwa 30km Sandpiste mit unangenehmen Querrillen. Dann bis Olgii bis auf ein paar Kilometer Schotter sehr gute Asphaltstraße. Danach kam auch wieder für etwa 60km guter Asphalt, dann war da eine Baustelle die sich über etwa 130km bis Chowd hinzog. Die Trasse der neuen Schnellstraße war zwar teilweise fertig, da konnte man aber nicht fahren, weil Brücken fehlten und die neue Fahrbahn durch Sandhaufen alle paar Kilometer blockiert war. Wir mussten daher über die Pisten entlang der neuen Schnellstraße fahren, die zum Teil für uns wirklich schwierig waren. Schotter, Querrillen und Bäche gingen noch, streckenweise gab es aber Fahrspuren mit tiefem Sand, wo wir auch mehrmals stürzten. Es macht auch einen Unterschied ob man alleine fährt oder zu zweit mit (leider zu viel) Gepäck. Du hast daher recht: die angegebenen 300km Schotter stimmen nicht, es waren für uns in Summe nur etwa 200km Schotter auf einer Gesamtstrecke von ca. 320km von der Grenze bis Chowd. Wie es wirklich von Chowd weitergeht kann ich nicht sagen, wir erhielten jedenfalls die angegebene Auskunft: die nächsten 150km genauso wie bisher, dann 300km tiefer Sand. Ob das stimmt, weißt Du besser, wir konnten (und wollten) es nicht überprüfen. Dass die Nordroute schwieriger ist wussten wir (und das wurde uns dann auch in Ulanbataar von den deutschen Kollegen bestätigt, die nach Norden gefahren sind), deshalb wollten wir ja die Südroute fahren.