Mongolei!

Premiere: die russischen Grenzposten in Taschanta an der Grenze zur Mongolei lassen uns tatsächlich zum ersten Mal unser ganzes Gepäck abladen und auspacken. Irgendwie schauen sie enttäuscht aus, als sie keine Waffen oder Drogen finden. Dabei schrammen sie nur ganz knapp am Erfolg vorbei, als sie die Medikamententasche von You Song inspizieren. „Morphium?“ fragt einer mit leuchtenden Augen und der Drogenhund wedelt auch schon ganz euphorisch mit dem Schwanz. Leider nein, und wir dürfen alles wieder einpacken.

Noch etwa sieben Kilometer gute russische Alphaltstraße bis zum mongolischen Grenzzaun, dann beginnt mit einer großen Grube einen Meter dahinter der mongolische Alltag. Mehr als zwanzig Stundenkilometer sind nicht drin, aber nach einem kleinen Hügel kommen wir schon zur mongolischen Grenzstation. Dort ist erstmal wieder Pause angesagt bis sich nach einer dreiviertel Stunde das Tor öffnet und wir zur Zollbehandlung vorfahren dürfen. Der eisige Sturm hat uns inzwischen schon den letzten Nerv gekostet, aber wir machen natürlich freundliche Nasenlöcher zu allem was jetzt noch kommt. Die Zollkontrollorin will schon wieder dass wir unser Gepäck abladen und auspacken, verzichtet dann aber doch darauf als ich ihr kurz was vorbibbere. Stattdessen dürfen wir ins geheizte Zollhaus, wo wir die nächsten zwei Stunden mit Passkontrolle, Fahrzeugimport und Geldwechseln verbringen. Dann geht es hinein in die Mongolei, aber nur hundert Meter, bis mir in einer Bude am Straßenrand eine Fahrzeugversicherung verordnet wird. Ich hab’s ohnehin nicht eilig, weil ich schon die Rumpelpiste sehe, die auf uns wartet. Die Gegend ist eine Wucht, kahle Berge und Wüstenlandschaft, davon kriege ich aber wieder nicht viel mit, weil ich dauernd die nächsten zwanzig Meter auf der Straße peile, wo die wenigsten Löcher und Steine sind. Parallel zur Straße führen einige Spuren durch die Wüste, wo LKWs gefahren sind um den Querrillen auszuweichen, die auf der Hauptpiste über kurz oder lang jedes Fahrgestell zerlegen. Ich traue mich dort aber nicht hin, weil ich nicht weiß wie dort der Untergrund ist und in weichen Sand möchte ich auf keinen Fall kommen. Laut Navi ist der nächste größere Ort noch achtzig Kilometer entfernt, bis dahin haben wir wahrscheinlich alle unsere Plomben verloren und unser Hirn ist nur noch Wackelpudding. Da erblicke ich in einiger Entfernung am Straßenrand ein Motorrad, das anscheinend eine Panne hat. Ich fahre hin und bleibe stehen. Ein Mongole steht neben seiner chinesischen Maschine und fragt mich auf Englisch ob ich ihn abschleppen kann. Das geht leider nicht weil wir kein Seil haben, aber gemeinsam schieben wir sein Moped an und tatsächlich springt der Motor an und er kann weiterfahren. Wir sollen ihm unbedingt zu seinem Haus auf einen mongolischen Tee folgen, das nur ein paar Kilometer weiter im nächsten Dorf steht. Eigentlich möchte ich weiterfahren, aber plötzlich ist auch die Straße wieder asphaltiert und bei der Abzweigung im Dorf wartet schon der Mongole mit seinem Moped. Also folgen wir ihm nur ein paar Meter zu seinem Haus, das dem des tadschikischen Ziegenhirten ähnelt, wo wir im Pamir übernachtet haben.

Wir treten ein und es begrüßen uns die Schwester mit ihren Töchtern, der Bruder und die Oma, später kommen noch ein paar Freunde dazu. Ein deutscher Langzeittramper ist auch da und wir machen es uns bei Tee und Gebäck gemütlich.

Die beiden Mongolen können etwas Englisch, der Deutsche spricht Russisch, das die Mongolen auch verstehen und so können wir uns ganz gut unterhalten. Wir haben eine Menge Spaß und werden eingeladen, hier zu übernachten, was wir gerne annehmen.

Am nächsten Morgen erfahren wir dass heute ein Feiertag in der Mongolei ist, es gibt überall Feiern und Sportfeste. Übrigens ist jetzt auch für zwei Tage die Grenze zu, wir haben also gestern Glück gehabt noch drüber zu kommen. Gemeinsam mit der Familie fahren wir ins Dorf zur Schule, wo die ganze Gemeinde die Mütter mit den meisten Kindern mit Medaillen ehrt und die Kinder verschiedene musikalische Aufführungen machen. Es ist ein netter Vormittag, im Kreise einer mongolischen Dorfgemeinschaft und wir sind froh, nicht einfach durchgefahren zu sein. Am frühen Nachmittag fahren wir schließlich weiter, nachdem wir uns von unseren neuen mongolischen Freunden verabschiedet haben. Auf Facebook werden wir in Kontakt bleiben.

Bis Ölgi sind es nur mehr etwa siebzig Kilometer, die wir bis auf ein kurzes Stück Schotter auf guter Straße zurücklegen.

Hier finden wir ein gutes Hotel und bleiben eine Nacht bevor wir unser nächstes Ziel – Chowd – in etwa hundertfünfzig Kilometer Entfernung in Angriff nehmen. Bin schon gespannt wie die weitere Straße aussieht.

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